Im Kampf gegen Krankheitserreger stehen dem Immunsystem mehrere «Waffen» zur Verfügung. Zum einen die Antikörper, zum anderen ein Arsenal unterschiedlicher Zellen. Dazu gehören T-Zellen sowie B-Zellen, die von T-Zellen aktiviert werden. Nach dieser Aktivierung reifen B-Zellen in den Lymphknoten oder in der Milz zu zweierlei Typen heran: zu Plasmazellen, die Antikörper produzieren. Und zu Gedächtnis-B-Zellen, über die im Laufe der Pandemie bislang vergleichsweise wenig geforscht wurde.
Stille Reserve
«Gedächtnis-B-Zellen bilden nach einer Infektion eine stille Reserve, die bei einer erneuten Infektion mit dem gleichen Erreger sofort aktiviert werden kann und für eine schnelle Abwehrreaktion mit der Ausschüttung von Antikörpern sorgt», sagt Prof. Dr Edgar Meinl, Arbeitsgruppenleiter am Institut für Klinische Neuroimmunologie des LMU Klinikums am Biomedizinischen Zentrum (BMC) der LMU.
- Die Frage: Können auch Genesene nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 auf ihre Gedächtnis-B-Zellen hoffen - selbst wenn sie längst keine Antikörper mehr gegen das Virus produzieren? Denn während einige COVID-19-Patienten noch sechs bis neun Monate nach der Infektion Antikörper im Blut haben, verlieren andere ihre spezifischen Antikörper recht schnell.
Die Forschungsgruppe um Meinl hat nun im Blut von 17 Patienten beider Gruppen spezifisch nach Gedächtnis-B-Zellen gefahndet.
Das Ergebnis: Bei allen Patienten nach COVID-19, auch bei denen, die die spezifischen Antikörper verloren hatten, fanden die Forschenden Gedächtnis-B-Zellen im Blut, die Antikörper gegen SARS-CoV-2 produzieren konnten. Diese Antikörper blockierten die Bindung des Spike-Proteins von SARS-CoV-2 an seinen zellulären Rezeptor ACE-2. Und: in Zellkultur neutralisierten sie infektiöse Viren, wie die Forschenden gezeigt haben.
B-Gedächtniszellen lange im Blut nachweisbar
«Das heisst, dass funktionelle spezifische Gedächtnis-B-Zellen gegen SARS-CoV-2 nach einer COVID-19-Infektion über lange Zeit im Blut nachweisbar sind», sagt Edgar Meinl. Diese Reserve bleibt auch dann, wenn die Antikörper der Erstinfektion längst verschwunden sind. Meinl: «Unsere Erkenntnisse sind wesentlich für die Frage der Langzeit-Immunität, da sich Gedächtnis-B-Zellen bei erneuter Infektion - oder bei Infektion nach einer Impfung - sehr schnell zu Antikörper-produzierenden Zellen differenzieren und auch weiterentwickeln können, um Virus-Varianten besser zu binden.» Diese Zellen könnten Genesenen zu einem länger anhaltenden Schutz vor einem schweren COVID-19 Verlauf verhelfen.PS