Charité: Erste Herzklappe aus körpereigenem Gewebe transplantiert
Herzklappen aus menschlichem Gewebe – erstmals wurde in Berlin eine neuartige, minimalinvasiv implantierte Prothese eingesetzt, die sich dem Körperwachstum anpassen kann. Für Kinder mit Herzfehlern könnte das einen Paradigmenwechsel bedeuten.
Die Methode wurde bei einem Patienten mit angeborenem Defekt der Pulmonalklappe eingesetzt. Sie basiert auf einem minimalinvasiven Verfahren und zielt darauf ab, künftig belastende Folgeoperationen zu reduzieren – insbesondere bei Kindern.
Eigengewebe statt tierisches Material
Erkrankungen der Herzklappen gehören weltweit zu den häufigsten angeborenen Herzfehlern. Bisher verfügbare Prothesen bestehen meist aus tierischem Gewebe und müssen regelmässig ersetzt werden, da sie sich dem Körperwachstum nicht anpassen.
«Diese Klappen werden vom Immunsystem nicht als fremd erkannt. Wir hoffen daher, dass sie deutlich länger halten können als die bisher zur Verfügung stehenden Modelle, im Idealfall ein Leben lang.» PD Dr. med. Boris Schmitt, Kinderarzt, Deutsches Herzzentrum der Charité.
Das neue Verfahren nutzt Gewebe aus dem Herzbeutel der Patientinnen oder Patienten, das zu einer Herzklappe verarbeitet und in einem Stent fixiert wird. Dieser kann über einen Katheter an Ort und Stelle im Herzen platziert werden.
«Diese Klappen werden zunächst vom Blutstrom mit Nährstoffen versorgt und im Laufe der Zeit bilden sich sogar Zellschichten aus. Die Segel der Herzklappe bleiben dadurch gleichsam lebendig, können sich regenerieren und an die Bedürfnisse des Körpers anpassen», erklärt der Kinderarzt Boris Schmitt den minimalinvasiven Eingriff. Bereits seit 2010 forscht er mit seinem Team an Herzklappen, die aus körpereigenem Gewebe hergestellt werden und sich bestenfalls dem Körperwachstum anpassen.
Erste Anwendungen und laufende Studien
Zwei Personen wurden bisher mit der neuen Methode am Deutschen Herzzentrum der Charité behandelt. Einer von ihnen ist Marcus L., ein 34-jähriger Familienvater aus Sachsen. Er wurde mit einer Pulmonalklappenstenose geboren und erhielt bereits 2001 im Rahmen einer sogenannten Ross-Operation eine tierische Klappenprothese. Diese musste nun – 24 Jahre später – ersetzt werden.
Der Patient Marcus L. (2. von rechts) wurde an der Charité erfolgreich mit dem neuen Verfahren behandelt. Neben ihm, von links nach rechts: Boris Schmitt, Peter Kramer und Felix Berger.
Aufgrund seiner medizinischen Vorgeschichte galt er als geeigneter Kandidat für das neue Verfahren mit Eigengewebe. Die Implantation verlief erfolgreich, wie die Charité mitteilt: Bereits fünf Tage nach dem Eingriff konnte der Patient die Klinik verlassen und nahm seine berufliche Tätigkeit vier Wochen später wieder auf.
Ziel der Technologie ist eine grössere Langzeitstabilität und eine potenzielle Anpassung an das Körperwachstum. Langfristig wird eine Erweiterung der Anwendung auf andere Herzklappen, wie die Aortenklappe, geprüft.
Die Entwicklung wurde vom Berliner Start-up Grownvalve übernommen. Das Projekt erhielt Fördermittel aus dem EU-Forschungsprogramm sowie Unterstützung durch die Stiftung Deutsches Herzzentrum Berlin.