Im Rahmen der Berichterstattung über die 8. Benefiz-Gala der KMSK (Kinder mit Seltenen Krankheiten) fanden zwei Syndrome bzw. eine Anomalie Erwähnung. Wir informieren nachfolgend kurz über das Angelman-Syndrom. Ursache
Das Angelman-Syndrom entsteht durch eine Veränderungen auf Chromosom 15, insbesondere im Bereich des UBE3A-Gens. In den meisten Fällen fehlt entweder eine Kopie des Gens von der Mutter (durch eine Deletion) oder es gibt eine Mutation im mütterlichen UBE3A-Gen. Dieses Gen ist in bestimmten Hirnregionen besonders wichtig, da es nur von der mütterlichen Seite aktiv ist. Fehlt die Aktivität, kommt es zu den charakteristischen Symptomen.
Häufigkeit
Das Angelman-Syndrom tritt bei etwa 1 von 12'000 bis 20'000 Geburten auf. Es ist also relativ selten, jedoch weltweit bekannt.
Symptome und Befunde
Das Syndrom zeichnet sich durch eine Reihe von typischen Symptomen aus:
Entwicklungsverzögerungen: Bereits im frühen Kindesalter fallen erhebliche Verzögerungen in der motorischen und sprachlichen Entwicklung auf.
Sprachstörungen: Die Kinder sprechen kaum oder gar nicht, obwohl sie ein gutes Verständnis für Sprache entwickeln können.
Fröhliche Persönlichkeit: Die Betroffenen zeigen oft eine sehr fröhliche Erscheinung und lachen häufig. Diese Charakterzüge haben auch zum Spitznamen «Happy Puppet Syndrome» geführt, der heute allerdings als veraltet und unangemessen gilt. Es kommt zu Episoden von unkontrolliertem Lachen.
Bewegungsstörungen und Zittern: Es kommt zu steifen Bewegungen, häufig auch zu Zittern und einer unkoordinierten Gangart (Ataxie).
Epilepsie: Viele Betroffene leiden unter epileptischen Anfällen, die oft
im Kleinkindalter beginnen.
Kleinwuchs und Mikrozephalie: Der Kopfumfang kann geringer sein als im Durchschnitt, und das Wachstum ist oft verzögert.
Schlafstörungen: Es kommt häufig zu Schlafproblemen, die den Alltag belasten können.
Behandlung
Das Angelman-Syndrom ist nicht heilbar, aber einige Symptome können behandelt werden:
- Physio-, Sprach- und Ergotherapie können helfen, die motorischen und sprachlichen Fähigkeiten zu verbessern.
- Medikamente können helfen, epileptische Anfälle zu kontrollieren.
- Verhaltenstherapie kann hilfreich sein, um den Umgang mit Schlafstörungen und Verhaltensauffälligkeiten zu verbessern.
- Eine spezielle Förderung und Betreuung, angepasst an die Bedürfnisse der Betroffenen, kann die Lebensqualität deutlich verbessern.
Prognose
Menschen mit Angelman-Syndrom haben eine normale Lebenserwartung, benötigen jedoch lebenslang Pflege und Unterstützung. Die kognitiven und motorischen Einschränkungen bleiben bestehen, aber viele Betroffene entwickeln trotz der Schwierigkeiten eine fröhliche und offene Persönlichkeit. Einige können mit der Zeit kleine Fortschritte in ihrer Kommunikation und Beweglichkeit machen.
Gesellschaft
Es gibt mehrere Prominente, die Kinder mit dieser Diagnose haben. Ein Beispiel ist der US-amerikanische Schauspieler Colin Farrell, dessen Sohn Henry an Angelman-Syndrom leidet. Farrell hat sich wiederholt öffentlich zum Thema geäussert und setzt sich für Bewusstsein und Unterstützung für Familien mit betroffenen Kindern ein.
Geschichte
Harry Angelman, ein Kinderarzt aus Warrington, England, berichtete 1965 erstmals von drei Kindern mit dieser Krankheit. Angelman beschrieb später seine Wahl der Krankheitsbezeichnung «Puppenkinder» mit dem Hinweis auf ein Ölgemälde, das er während eines Urlaubs in Italien gesehen hatte.
Angelman wird so zitiert: «Die Geschichte der Medizin ist voller interessanter Geschichten über die Entdeckung von Krankheiten. Die Saga des Angelman-Syndroms ist eine solche Geschichte. Es war reiner Zufall, dass vor fast dreissig Jahren (circa 1964) drei behinderte Kinder zu verschiedenen Zeiten in meine Kinderstation in England eingeliefert wurden. Sie hatten verschiedene Behinderungen und obwohl sie auf den ersten Blick an unterschiedlichen Krankheiten zu leiden schienen, hatte ich das Gefühl, dass es eine gemeinsame Ursache für ihre Krankheit gab. Die Diagnose war rein klinisch, denn trotz der heute ausgefeilteren technischen Untersuchungen konnte ich nicht beweisen, dass alle drei Kinder dieselbe Behinderung hatten. Aus diesem Grund zögerte ich, in medizinischen Fachzeitschriften über sie zu schreiben. Als ich jedoch in Italien Urlaub machte, sah ich im Castelvecchio-Museum in Verona zufällig ein Ölgemälde mit dem Titel «Junge mit Puppe». Das lachende Gesicht des Jungen und die Tatsache, dass meine Patienten ruckartige Bewegungen zeigten, brachten mich auf die Idee, einen Artikel über die drei Kinder zu schreiben und ihm den Titel «Puppenkinder» zu geben.»
Dieser Name gefiel nicht allen Eltern, aber er diente dazu, die drei kleinen Patienten in einer einzigen Gruppe zusammenzufassen. Später wurde der Name in Angelman-Syndrom geändert. Dieser Artikel wurde 1965 veröffentlicht und geriet nach anfänglichem Interesse bis Anfang der achtziger Jahre fast in Vergessenheit.
Das Angelman-Syndrom erfordert eine umfassende Betreuung, aber durch das Verständnis der Krankheit und gezielte Therapien können die Betroffenen ein erfülltes Leben führen.