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Das Anton-Syndrom

Serie «Seltene Syndrome» I

Richard Altorfer15.8.20242"
Das Anton-Syndrom, benannt nach Gabriel Anton, ist ein neurologisches Syndrom, das durch eine visuelle Anosognosie gekennzeichnet ist. Diese Anosognosie bezieht sich auf das fehlende Bewusstsein für die eigene kortikale Blindheit, die nach einer Schädigung der Sehbahn beider Gehirnhälften oder einem vollständigen Ausfall des visuellen Kortex auftritt. Die Patienten sind sich ihrer Blindheit nicht bewusst und verhalten sich so, als ob sie weiterhin sehen könnten. Auf die Frage, ob sich ihr Sehvermögen verschlechtert habe, antworten sie oft mit Nein. Wenn man ihnen Objekte zeigt, beschreiben sie diese lebhaft, aber falsch.

Die typische Ursache für das Anton-Syndrom ist ein Hirninfarkt, der die Sehrinde beider Gehirnhälften betrifft. Der visuelle Kortex wird arterienseitig über die Hirnstammarterie versorgt, aus der die beiden hinteren Gehirnarterien hervorgehen. Gelegentlich kann das Syndrom auch nach einer Schädigung der vorderen Sehbahn auftreten. Eine Anosognosie kann auch bei einem teilweisen Gesichtsfeldausfall auftreten, wobei die Betroffenen den Verlust nicht bemerken. Es kann vorkommen, dass eine Blindheit auf der linken Gesichtsfeldseite erst dann auffällt, wenn der Patient häufig gegen den linken Türrahmen stösst.

Der Name des Syndroms geht auf Gabriel Anton, einen österreichischen Psychiater und Neurologen (1858–1933), zurück. Anton untersuchte intensiv die Rolle der Basalganglien bei choreatischen Bewegungsstörungen. Der erste von Anton beschriebene Fall betraf eine Frau, die ihre komplette kortikale Blindheit nicht erkannte, sich jedoch über eine diskrete Wortfindungsstörung beschwerte. Bereits 1885 beschrieb der Neurologe Constantin von Monakow einen Patienten, der seinen vollständigen Sehverlust nicht erkannte und sich verhielt, als ob er sehen könne, jedoch seine allgemeine Gebrechlichkeit anerkannte. Eine postmortale Untersuchung seines Gehirns zeigte Schädigungen der Sehrinden beider Hemisphären.

Das Anton-Syndrom wird oft mit dem Anton-Babinski-Syndrom in Verbindung gebracht, das auch als Hemineglect bekannt ist. Beim Hemineglect handelt es sich um eine halbseitige Aufmerksamkeitsstörung des eigenen Körpers, die bei Läsionen des Scheitel- und Schläfenhirns der rechten Gehirnhälfte auftreten kann.

Informationen zum Verständnis des Syndroms :
1. Psychologische und kognitive Aspekte: Patienten mit Anton-Syndrom entwickeln oft detaillierte und überzeugende visuelle Halluzinationen oder Konfabulationen, um ihre Sehfähigkeit zu erklären. Dies kann auf den Versuch des Gehirns zurückzuführen sein, die Diskrepanz zwischen der sensorischen Wahrnehmung und der Realität auszugleichen.

2. Diagnose und klinisches Management: Die Diagnose des Anton-Syndroms basiert in erster Linie auf klinischer Beobachtung und neuropsychologischen Tests. Bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT) können helfen, die zugrunde liegende Hirnschädigung zu identifizieren. Die Behandlung konzentriert sich auf die Rehabilitation und das Management der zugrunde liegenden Ursachen, wobei die Aufklärung und Unterstützung der Patienten und ihrer Angehörigen von entscheidender Bedeutung sind.

3. Verwandte neurologische Phänomene: Das Anton-Syndrom ist Teil eines Spektrums von neurologischen Zuständen, die mit Anosognosie verbunden sind, wie z.B. die anosognostische Hemiplegie, bei der Patienten eine Lähmung einer Körperhälfte nicht wahrnehmen. Diese Zustände bieten Einblicke in die komplexen Mechanismen der Selbstwahrnehmung und Bewusstsein im Gehirn.

Durch das Verständnis dieser Aspekte kann das Anton-Syndrom nicht nur als seltenes neurologisches Phänomen betrachtet werden, sondern auch als eine faszinierende Manifestation der komplexen Beziehung zwischen Gehirn und Wahrnehmung.

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