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Die Emotionen hinter der Maske

Die Covid-19-Pandemie hat das Tragen von Gesichtsmasken alltäglich werden lassen. Das Verdecken von Mund und Nase trägt dabei zwar zu einem besseren Infektionsschutz bei, hemmt jedoch gleichzeitig die Wahrnehmung und Zuordnung von Gesichtern und Gesichtsausdrücken. Prof. Dr. Marina Pavlova von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Tübingen hat im Rahmen einer Studie das Lesen verdeckter Gesichter untersucht.

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Ein Lächeln sagt mehr als tausend Worte, heisst es – und ähnlich verhält es sich mit Gesichtsausdrücken, Blicken oder der Körperhaltung. Laufend tauschen Menschen nonverbale Botschaften miteinander aus, die für eine erfolgreiche soziale Wahrnehmung und zwischenmenschliche Interaktionen unerlässlich sind. Mit dem Beginn der Corona-Pandemie und der Einführung von Gesichtsmasken fällt es den meisten Menschen, jedoch insbesondere denen mit psychischen und neurologischen Störungen, schwer, die Gesichtssprache ihres Gegenübers zu lesen und sich auf die gewohnten Informationen und Signale zu verlassen. Um das Lesen der verborgenen Gesichter und seine Herausforderungen zu verstehen, führte Prof. Dr. Marina Pavlova, Forschungsgruppenleiterin an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie und Expertin im Bereich der nonverbalen sozialen Kommunikation, nun eine weltweit erste Analyse entsprechender Forschungsdaten durch.

Reduzierte Wahrnehmungsbreite
Im Rahmen der Studie zeigte sich, dass Maskentragen das Erkennen von Emotionen beeinflusst, wenngleich zuverlässige Rückschlüsse auf grundlegende emotionale Ausdrücke möglich bleiben: «Gesichtsmasken erschweren die Erkennung von Emotionen und die soziale Interaktion. Jedoch können Menschen selbst mit Maske leicht zwischen echtem Lächeln und vorgetäuschtem, unehrlichem Lächeln unterscheiden», erklärt Prof. Pavlova. Trotzdem führen Masken zu einer Verengung der Bandbreite wahrnehmbarer emotionaler Ausdrücke – und erschweren so die zutreffende Bewertung des Gegenübers. Wie schwer es ist, trotz Maske Emotionen zu lesen, hängt dabei vom Alter und Geschlecht des Lesenden ab: Für Männer, so die Studie, stellt es eine grössere Herausforderung dar als für Frauen und variiert selbst bei gesunden älteren Menschen.

Veränderte Wahrnehmung der Attraktivität
Masken können Vorurteile verstärken und die wahrgenommene Attraktivität von Gesichtern beeinflussen. So zeigen die Ergebnisse, dass als gutaussehend wahrgenommene Gesichter an Attraktivität verlieren und weniger gutaussehende Gesichter an Attraktivität gewinnen – unabhängig von Geschlecht und möglicher symbolischer Funktion der Maskenfarbe.
Untersuchungen mithilfe funktionaler Magnetresonanztomographie (fMRT) verdeutlichen ausserdem, dass für ein effizientes Lesen verdeckter Gesichter nicht nur das soziale Gehirn an sich erforderlich ist, sondern auch weitere, gross angelegte neuronale Schaltkreise. Insbesondere unterstützen diese im menschlichen Gehirn u.a. die Aufmerksamkeit, die Entscheidungsfindung und das soziale Verhalten.

Fazit
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass der Pandemiealltag für den gesunden Menschen eine ähnliche Herausforderung darstellt wie der Reading the Mind in the Eyes Test (RMET) bei Menschen mit psychischen Einschränkungen: «Bei dem Test müssen soziale Signale lediglich auf Grundlage der Augenpartie erkannt werden. Insbesondere bei Menschen mit autistischen Störungen, aber auch bei Demenz und nach einem Schlaganfall ist diese Fähigkeit eingeschränkt», erklärt Prof. Pavlova.
Wie sich Masken auf das Lesen von Gesichtern im wirklichen Leben – mit dynamischen Gesichtern und zusätzlichen sozialen Signalen wie der Körpersprache – auswirken, muss nun in weiteren Studien untersucht werden.PS

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