Wissenschaftler aus der Abteilung Virale Immunologie des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig haben in einer neuen Studie herausgefunden, dass Fibroblasten von CMV nicht nur, wie bisher angenommen, zur Vermehrung genutzt werden.
Im Rahmen der Studie infizierte Dr. Katarzyna Sitnik gemeinsam mit Kollegen Mäuse mit dem Maus-CMV (mCMV), einem natürlichen Mauspathogen, das eine Krankheit verursacht, die vergleichbar ist mit der durch HCMV beim Menschen ausgelösten Erkrankung. Anschliessend haben die Wissenschaftler eine systematische Analyse der Zellen durchgeführt, die in experimentell infizierten Mäusen das latente Virus tragen könnten.
Grosse Mengen an mCMV-Genomen in Fibroblasten
Das HZI-Team und Kollegen von der Veterinärmedizinischen Universität Wien sowie von der medizinischen Fakultät der Universität in Rijeka, Kroatien, konnten zeigen, dass mCMV-Genome in verschiedenen Zelltypen von latent infizierten Mäusen vorhanden sind. Bestimmte Bindegewebszellen, die Fibroblasten, stachen aber hervor: Hier waren teilweise besonders grosse Mengen an mCMV-Genomen nachweisbar.
«Dass ausgerechnet Fibroblasten dem überdauernden CMV als Aufenthaltsort dienen können, hat uns alle überrascht. Denn wir verwenden Fibroblasten, um dieses Virus in Gewebekulturen zu züchten», sagt Prof. Luka Cicin-Sain, Leiter der Abteilung Virale Immunologie des HZI. Das Ergebnis widersprach der Lehrmeinung, dass Herpesviren typischerweise einen spezialisierten Zelltyp haben, um ihre Latenz aufrechtzuerhalten, und einen anderen Zelltyp, in dem sie sich vermehren. Wie konnten dieselben Zellen ruhende und sich replizierende Viren beherbergen?
Die Autoren testeten zunächst, ob Stromazellen das Wachstum von mCMV in natürlichen Umgebungen in vivo unterstützen. Sie bestätigten die Ergebnisse, die zuvor in Gewebekulturen gezeigt worden waren: CMV nutzt Fibroblasten auch, um in einem Organismus zu wachsen.
«Wir fragten uns natürlich, wie die CMV-Latenz reguliert wird. Also suchten wir nach Immunreaktionen – und wurden fündig», sagt Katarzyna Sitnik, Erstautorin der Studie. Die Forscher fanden heraus, dass sich das mCMV bei Mäusen, denen ein bestimmtes Molekül namens STAT-1 fehlt, zwar früh nach der Infektion replizieren, aber seine Genome nicht im Latenzzustand halten konnte. STAT-1 ist für die immunologische Signalgebung von Interferonen entscheidend. «Das war für uns der fehlende Baustein, um zu erklären, wie es dem Virus gelingt, denselben Zelltyp sowohl für die Vermehrung als auch für die langen Phasen der Latenz zu nutzen», sagt Sitnik.
Doppelter Paradigmenwechsel
Diese Studie stellt also einen doppelten Paradigmenwechsel dar:
- Einerseits zeigt sie, dass dieselben Zellen ein wichtiger Ort der produktiven Virusreplikation und der Latenz sein können.
- Zum anderen zeigt sie, dass im Falle von CMV das Ruhestadium nicht durch intrinsische Eigenschaften eines bestimmten Zellreservoirs, sondern durch die Interaktion des Virus mit dem Immunsystem reguliert wird.PS