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imageErstmals wurde einem lebenden Menschen eine genetisch veränderte Schweineleber transplantiert. Symboldbild: Unsplash.

Erstmals Schweineleber in lebenden Menschen transplantiert

Ein 71-jähriger Patient in China lebte 38 Tage mit einer genetisch modifizierten Schweineleber. Experten sehen den Eingriff als einen Meilenstein in der Xenotransplantation.

Sarah Bourdely9.10.20255"
In China ist erstmals einem lebenden Menschen eine genetisch veränderte Schweineleber implantiert worden – zusätzlich zur eigenen. Wie die Forschenden im «Journal of Hepatology» berichten, lebte der 71-jährige Patient nach der Operation 171 Tage, davon 38 Tage mit der funktionierenden Xeno-Leber.

  • Zhang W et al.: «Genetically engineered pig-to-human liver xenotransplantation», in: «Journal of Hepatology», Oktober 2025. DOI: 10.1016/j.jhep.2025.08.044.

Die Transplantation gilt als technischer Durchbruch und möglicher Ansatz zur Überbrückung bei akutem Leberversagen.
Zwei Lebern arbeiteten parallel
Der Patient litt an einer durch Hepatitis B verursachten Leberzirrhose und einem fortgeschrittenen hepatozellulären Karzinom. Nach der Tumorentfernung drohte ein Leberversagen.

Da keine weiteren Behandlungsoptionen bestanden, setzten die Chirurgen ihm im Mai 2024 eine Schweineleber zusätzlich zur eigenen in den rechten Bauchraum ein. Beide Organe arbeiteten parallel – ohne akute Anzeichen einer akuten Abstossung oder Infektion.

Die Schweineleber stammte von einem Tier mit insgesamt zehn genetischen Modifikationen: Drei Xenoantigene (GGTA1, CMAH, β4GalNT2) wurden ausgeschaltet, sieben humane Gene (CD46, CD55, CD59, CD39, TBM, EPCR, CD47) eingebracht. Diese sollten Immunreaktionen, Gerinnungsstörungen und Zellschädigungen verhindern.
Funktionelle Aktivität über mehrere Wochen
«Die Studie liefert den bislang überzeugendsten Beweis dafür, dass genetisch modifizierte Schweineorgane beim lebenden Menschen nicht nur strukturell, sondern auch funktionell integriert werden können» sagt Konrad Fischer, Leiter der Sektion Xenotransplantation an der Technischen Universität München, gegenüber dem Science Media Center.
«Diese erste funktionelle Xenotransplantation einer Schweineleber in einen lebenden Menschen ist mehr als ein technischer Erfolg, sie markiert den Beginn einer neuen Ära in der Transplantationsmedizin.» Konrad Fischer, TU München.
Die Leber habe zentrale Stoffwechselfunktionen übernommen und Gallensäuren, Gerinnungsfaktoren und Komplementproteine produziert – Prozesse, die bisher als inkompatibel zwischen Schwein und Mensch galten.

Nach 31 Tagen trat jedoch eine thrombotische Mikroangiopathie auf, eine bekannte Komplikation auch bei anderen Xenotransplantationen, so Fischer. Das Organ wurde am 38. Tag entfernt. «Erstaunlicherweise regenerierte sich der verbliebene menschliche Leberlappen, sodass der Patient nach Entfernung des Schweineorgans zunächst stabil blieb und insgesamt 171 Tage nach der Transplantation überlebte.»
«Proof of concept» – aber noch viele Hürden
«Bei dem vorgestellten Fall handelt es sich um eine auxiliäre Transplantation» also um die Transplantation eines zusätzlichen Organs, um das erkrankte Organ in seiner Funktion zu unterstützen, erklärt Uta Dahmen, Leiterin der Experimentellen Transplantationschirurgie am Universitätsklinikum Jena.

Trotz der geringen Abstossungsreaktion zeige das Auftreten der thrombotischen Mikroangiopathie, dass genetische und immunologische Anpassungen weiter verbessert werden müssten. «Die Hauptfunktion der Leber ist die metabolische Komponente und die Schweineleber produziert porcine Proteine. Das stellt eine grössere Herausforderung dar als die überwiegend mechanische Komponente, die zum Beispiel bei einer Herztransplantation erfüllt werden muss.»
Xenotransplantation als Brückentherapie
Für Beatriz Domínguez-Gil, Direktorin der spanischen National Transplant Organisation, stellt der Fall «einen neuen Schritt in der klinischen Entwicklung der Xenotransplantation» dar. Die Ergebnisse zeigten, dass eine genetisch modifizierte Schweineleber den Menschen funktionell unterstützen könne – zumindest vorübergehend.

Laut Domínguez-Gil warteten allein in Europa im Jahr 2024 über 22'000 Patientinnen und Patienten auf eine Lebertransplantation – mehr als 2'300 starben, bevor ein Spenderorgan verfügbar war. Xenogene Organe könnten hier künftig als temporäre, lebensrettende Brücke dienen.

Gleichzeitig betont sie den experimentellen Charakter solcher Eingriffe. Diese Transplantationen müssten in streng kontrollierten Studien weiterentwickelt werden.


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