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imageSNr-Neuronen im Mittelhirn senden präzise Signale zur Steuerung von Bewegung. Ihre Aktivität entscheidet, welche motorischen Abläufe gestartet oder gestoppt werden. (Bild: Biozentrum, Universität Basel)

Wie das Gehirn Bewegungen ermöglicht und unterdrückt

Schaltzentrale mit Präzision: Nervenzellen im Gehirn geben Bewegungen nicht nur frei, sondern unterdrücken sie auch gezielt. Dies zeigt eine Studie der Universität Basel und des FMI.

Sarah Bourdely2.6.20253"
Forschende um Prof. Dr. Silvia Arber am Biozentrum der Universität Basel und am Friedrich Miescher Institute for Biomedical Research (FMI) konnten zeigen, dass bestimmte Nervenzellen in den Basalganglien eine zentrale Rolle bei der Bewegungssteuerung spielen. Diese Zellen entscheiden hochpräzise, wann welche spezifische Bewegung freigegeben oder aktiv gestoppt wird.

Nicht nur Bremse, sondern Schaltzentrale

Diese Erkenntnisse stellen das bisherige Modell zur Funktion der Basalganglien infrage. Demnach steuern die Basalganglien Bewegungen, indem sie motorische Zentren im Gehirn dauerhaft hemmen und nur kurzfristig «loslassen», nämlich dann, wenn Bewegung erlaubt werden soll.

«Doch bei komplexen Bewegungen, wie sie beim Bewegungsablauf von Armen und Händen geschehen, greift dieses Modell bei Weitem zu kurz», erklärt Amber in einer Medienmitteilung der Universität Basel.
Wie ein System aus Ampeln an einer Kreuzung
Im Fokus der Studie steht die sogenannte «Substantia Nigra pars reticulata» (SNr), der Hauptausgang der Basalganglien, der Signale an motorische Zentren des Hirnstamms sendet.

Die überraschende Beobachtung der Forschenden: Die dortigen Nervenzellen feuern nicht nur zur Hemmung. Stattdessen zeigen sie höchst dynamische Aktivitätsmuster.

Der Ausgang der Basalganglien wirkt dabei wie ein fein getaktetes System mit vielen Ampeln an einer komplexen Kreuzung: Jede Ampel schaltet bei einer bestimmten Bewegung gezielt auf Grün und bei anderen auf Rot – abhängig davon, welche Handlung gerade geplant ist.
Bewegungen im Detail gesteuert
Um diese Prozesse zu untersuchen, zeichneten die Doktoranden Antonio Falasconi und Harsh Kanodia die Hirnaktivität von Mäusen auf, die mit ihren Pfoten gezielt nach Futterpellets griffen.

Dabei zeigte sich, dass einzelne SNr-Nervenzellen sehr unterschiedlich während der verschiedenen Bewegungsphasen reagierten: Spezifisch beim Ausstrecken der Vorderbeine, beim Greifen oder beim Zurückziehen der Pfoten erhöhten manche ihre Aktivität, während andere pausierten.

Mit Hilfe optogenetischer Methoden manipulierten die Forschenden gezielt SNr-Nervenzellen. So konnten sie nachweisen, dass deren Aktivierung tatsächlich bestimmte Bewegungen blockierte – ein klarer Beleg für ihre steuernde Funktion.

Neue Perspektiven für die Behandlung von Bewegungskrankheiten

Die Studie liefert ein eindrückliches Bild davon, wie das Gehirn selbst feinste Bewegungen durch ein Zusammenspiel aus Aktivieren und Hemmen steuert – eine Erkenntnis, die das bisherige Verständnis von Motorik neu definiert.
«Wenn wir verstehen, wie die Basalganglien normale Bewegungen koordinieren, können wir künftig gezielter eingreifen, wenn dieses System aus dem Gleichgewicht gerät.» Prof. Dr. Silvia Arber, Forschungsgruppenleiterin.
Von besonderer Bedeutung ist dies auch für die Medizin: Bei Erkrankungen wie Parkinson oder Chorea ist genau diese fein abgestimmte Steuerung gestört – dies resultiert beispielsweise in der bekannten Schwierigkeit von Parkinson-Patienten, Bewegungen zu starten.
Zur Originalpublikation:
  • Falasconi, A., Kanodia, H. & Arber, S.: «Dynamic basal ganglia output signals license and suppress forelimb movements», in: «Nature», Mai 2025.
  • doi: 10.1038/s41586-025-09066-z


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