Demenzen wie die Alzheimer-Erkrankung sind bisher nicht heilbar. Gut zwei Drittel aller Fälle treten bei Frauen auf, was zum Teil an der höheren Lebenserwartung gegenüber Männern liegt. «Aber es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass Lebensstilinterventionen im Alter die geistige Leistungsfähigkeit verbessern können», sagt Studienleiterin Prof. Dr. Steffi G. Riedel-Heller und ergänzt: «Bisher wissen wir allerdings wenig darüber, ob Männer und Frauen im gleichen Masse profitieren». Unter Lebensstilinterventionen werden nicht-medikamentöse Veränderungen verstanden, etwa eine Steigerung der körperlichen, geistigen oder sozialen Aktivität oder eine Verbesserung der Ernährung. Eine aktuelle Studie des Instituts für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) der Universität Leipzig hat nun die Effektivität derartiger Lebensstilinterventionen für die geistige Leistungsfähigkeit von älteren Männern und Frauen untersucht.
Systematischer Review
Insgesamt wurden 34 internationale randomisiert-kontrollierte Studien, die entsprechende Lebensstilnterventionen bei Personen ab 60 Jahren testeten, systematisch zusammengefasst und bewertet. Anschliessend ermittelten die Wissenschaftler die quantitativen Effekte von Lebensstilinterventionen auf verschiedene kognitive Funktionen. Die Studien wiesen ältere Männer und Frauen jeweils nach dem Zufallsprinzip einer Interventionsgruppe zu, das heisst der Teilnahme an einer Lebensstilintervention oder einer Kontrollgruppe, und verglichen die geistige Leistungsfähigkeit beider Gruppen zu Studienende.
Frauen profitieren stärker
Dabei fiel auf, dass Frauen in sämtlichen untersuchten geistigen Funktionen, wie etwa Gedächtnis oder Sprache, stärker profitierten als Männer. «Unsere Ergebnisse zeigen, dass Lebensstilinterventionen das Potenzial haben, die geistige Leistungsfähigkeit von älteren Personen zu erhalten oder zu verbessern», erklärt Dr. Andrea Zülke, Wissenschaftlerin am ISAP. Allerdings untersuchen bisherige Studien häufiger Frauen als Männer oder gemischtgeschlechtliche Stichproben, und konzentrieren sich dabei vor allem auf Personen mit intakter geistiger Leistungsfähigkeit. Bislang ist wenig über die Effektivität von Lebensstilinterventionen bei älteren Personen mit leichten kognitiven Einschränkungen bekannt.
Mehr Studien mit beiden Geschlechtern nötig
Die Geschlechterunterschiede, die in der aktuellen Studie an der Medizinischen Fakultät ermittelt worden sind, könnten auf unterschiedliche Risikoprofile von Männern und Frauen zurückgehen. So sind Männer im Alter körperlich aktiver als Frauen und haben, insbesondere in früheren Alterskohorten, häufig einen höheren Bildungsgrad als Frauen, was einen Schutzfaktor für Demenzen darstellt. «Damit wäre für Frauen, die älter als 60 Jahre sind, mehr Raum für Verbesserung durch eine Veränderung des Lebensstils, was erklären könnte, warum sie stärker profitieren als Männer», sagt Dr. Zülke.
Bisher existieren mehr Studien mit älteren Frauen als mit Männern und nur wenige grössere Forschungsprojekte berichten geschlechterspezifische Ergebnisse. «Wir brauchen mehr umfangreiche Studien, die beide Geschlechter einschliessen, um mögliche Unterschiede besser zu verstehen sowie die Bedürfnisse von älteren Männern und Frauen zu berücksichtigen», betont Prof. Riedel-Heller und fügt hinzu: «Mit
AgeWell.de, einer Interventionsstudie mit älteren Hausarztpatientinnen und -patienten, die unser Institut federführend durchgeführt hat, stehen bald weitere Ergebnisse zur Verfügung, die zeigen, was kombinierte Lebensstil-Interventionen gegen kognitiven Abbau bei älteren Männern und Frauen bewirken können. Die Ergebnisse werten wir aktuell aus und stellen sie dann der Öffentlichkeit vor.»
PS