Home/Ist verstärkter Tiefschlaf günstig für's Herz?
imageEin Proband testet das Tiefschlaf-​Stimulationssystem. (Bild: Stephanie Huwiler & Silvia Hofer / ETH Zürich)

Ist verstärkter Tiefschlaf günstig für's Herz?

Zürcher Forscher haben untersucht, ob sich der Tiefschlaf weiter verstärkt und sich Herzschlagrate und Blutdruck verändern, wenn das Gehirn während des Tiefschlafs mit leisen Tönen stimuliert wird.

ETH Zürich9.10.20232"
Schlaf ist für den Menschen lebensnotwendig. Besonders wichtig für die Gesundheit ist der Tiefschlaf. In diesen Schlafphasen erholt sich das Gehirn, und auch der restliche Körper scheint sich zu regenerieren.

Verstärkter Tiefschlaf mit kurzen Tönen
Nun zeigen Forscher der ETH Zürich und der Universität Zürich, dass besonders das Herz-​Kreislaufsystem von einem verstärkten Tiefschlaf profitiert:
  • Gezielte Stimulation mit kurzen Tönen während der Tiefschlafphase bringt das Herz - insbesondere die linke Herzkammer - dazu, sich stärker zu kontrahieren und zu relaxieren.
  • Dadurch wird das Blut effizienter in den Kreislauf gepumpt und wieder angesaugt. Die linke Herzkammer versorgt die meisten Organe, die Extremitäten und das Gehirn mit arteriellem, sauerstoffreichem Blut.
Diese verstärkte Verformung der linken Herzkammer nach der nächtlichen Stimulation konnten Herzspezialisten unter der Leitung von Christian Schmied, Leitender Arzt der Kardiologie am Universitätsspital Zürich, mittels Echo-​Kardiographie nachweisen. Damit zeigt das interdisziplinäre Forschungsteam erstmals auf, dass eine Erhöhung der Gehirnwellen während des Tiefschlafs (Tiefschlafwellen) die Herzfunktion verbessert.
«Wir haben deutlich gesehen, dass sowohl die Pumpkraft als auch die Relaxationsfähigkeit des Herzens grösser ist nach Nächten mit Stimulation.» Christian Schmied
«Dass die Stimulation mit Tönen während des Tiefschlafs einen Effekt auf das kardiovaskuläre System hat, haben wir erwartet. Aber dass dieser Effekt nach nur einer Nacht mit Stimulation so deutlich messbar war, hat uns überrascht», erklärt Projektleiterin und Schlafexpertin Caroline Lustenberger, SNF Ambizione Fellow am Neural Control of Movement Lab der ETH Zürich.

Auch Herzspezialist Christian Schmied ist erfreut. «Wir haben deutlich gesehen, dass sowohl die Pumpkraft als auch die Relaxationsfähigkeit des Herzens grösser ist nach Nächten mit Stimulation verglichen mit Nächten ohne Stimulation.» Beide Faktoren seien ein sehr gutes Mass für die Funktion des Herz-​Kreislaufsystems.

Stimulation mit rosa Rauschen
An der entsprechenden Studie nahmen 18 gesunde Männer im Alter von 30 bis 57 Jahren teil. Sie verbrachten drei nicht aufeinanderfolgende Nächte im Schlaflabor. In zwei Nächten stimulierten die Forscher die Probanden mit Geräuschen, in einer Nacht nicht.

Während des Schlafs massen die Wissenschaftler kontinuierlich die Gehirnaktivität, den Blutdruck und die Herztätigkeit der Probanden. Die Messungen koppelten sie mit einem Computersystem, das die einlaufenden Daten auswertete.

Sobald die Messwerte anzeigten, dass der Proband in den Tiefschlaf fiel, spielte der Computer Intervalle von sehr kurzen Tönen bestimmter Frequenzen, sogenannten Pink Noise, ein. Diese Töne hören sich wie ein Rauschen an. Auf zehn dieser Töne folgte eine 10-​sekündige Ruhepause, dann konnten erneut welche eingespielt werden. Ein Rückkopplungsmechanismus sorgte dafür, dass das Rauschen zur richtigen Zeit eingespielt wurde und – je nach Gehirnwellenmuster – wieder stoppte.

Durch diesen Versuchsaufbau konnten die Forscher während der Tonstimulation direkt verfolgen, ob sich der Tiefschlaf weiter verstärkte und ob sich Herzschlagrate und Blutdruck veränderten. «Während der Stimulation sehen wir klar eine Erhöhung der Tiefschlafwellen, sowie eine Antwort des Herzkreislaufsystems, welche an eine kardiovaskuläre Pulsation erinnert», beschreibt die Erstautorin Stephanie Huwiler diese direkten Effekte während des Schlafes. Am Morgen danach untersuchten die Herzspezialisten mit einer Echo-​Kardiographie (Ultraschall) die Funktion des Herzens.

Signifikante Resultate trotz kleiner Gruppe
«Trotz der relativ kleinen Probandengruppe sind die Resultate signifikant. Zudem haben wir die Ergebnisse in zwei unabhängigen Nächten reproduziert, das ist statistisch gesehen sehr stark», sagt Lustenberger.
«Die Behandlung von Herz-​​Kreislauferkrankungen könnte mit diesem oder ähnlichen Stimulationsverfahren verbessert werden.» Caroline Lustenberger
Eine kleine Gruppengrösse ist laut der Forscherin typisch für Labor-​Schlafstudien, da diese viel Ressourcen brauchten. Zudem habe man bewusst nur Männer ausgewählt. Denn diese seien als Untersuchungsgruppe homogener als Frauen in einer vergleichbaren Altersgruppe. So wirken sich bei ihnen der Zyklus oder die Menopause stark auf den Schlaf aus. «Hat man nur drei Nächte im Abstand von jeweils einer Woche zur Verfügung, spielen bei Frauen Zykluseffekte eine Rolle. Diese hätten in einer solchen Erststudie möglicherweise den Stimulationseffekt überlagert», erklärt Lustenberger.

Sie betont jedoch, dass künftige Studien unbedingt auch Frauen berücksichtigen sollten. Denn geschlechtsspezifische Unterschiede im Schlaf und bei der Herzkreislauf-​Gesundheit werden immer klarer und sind für die medizinische Grundversorgung entscheidend.

Praktischer Nutzen in der Zukunft
Auf grosses Interesse stösst diese Studie nicht nur bei Herzmedizinern, sondern auch bei Sportlern. «Insbesondere in der Prävention, aber auch im Leistungssport könnte ein solches Tiefschlafstimulationssystem in Zukunft verbesserte Herzfunktionen ermöglichen – und möglicherweise für eine schnellere und bessere Regeneration nach harten Trainings sorgen», sagt Huwiler, die erste Ergebnisse der Studie im März 2023 am Zürcher Sportkardiologie-​Symposium präsentiert hat. Und Lustenberger ergänzt: «Aber auch die Behandlung von Herz-​Kreislauferkrankungen könnte mit diesem oder ähnlichen Stimulationsverfahren verbessert werden. Es ist jedoch zunächst wichtig zu untersuchen, ob auch Patienten von einer solchen Tiefschlafstimulationsmethode profitieren können».PS


Quelle: ETH Zürich/Medienmitteilung, 05.10.2023

Rosenbergstrasse 115
8212 Neuhausen am Rheinfall
Telefon: +41 52 675 51 74
info@docinside.ch
www.docinside.ch

Handelsregistereintrag
Firmenname: DOCINSIDE AG
UID: CHE-412.607.286

Über uns
Bankverbindung

Schaffhauser Kantonalbank
8200 Schaffhausen
IBAN: CH76 0078 2008 2797 0810 2

Mehrwertsteuer-Nummer
CHE-412.607.286

Kontakte

Dr. med. Adrian Müller
Betrieb und Inhalte
adrian.mueller@docinside.ch

Dr. med. Richard Altorfer
Inhalte und Redaktion
richard.altorfer@docinside.ch

Dr. med. Christine Mücke
Inhalte und Redaktion
christine.muecke@docinside.ch

Copyright © 2021 Alle Rechte vorbehalten.
Powered by Deep Impact / Spectra