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Lancet-Studie zu kontrolliertem Verzicht auf Chemotherapie

Die Diagnose Brustkrebs bedeutet für die betroffenen Frauen eine grosse Belastung, psychisch wie körperlich. Neben einer Operation sind meist auch zusätzliche Therapien wie Bestrahlung, Hormon- oder Chemotherapie notwendig, die mit teils schwerwiegenden Nebenwirkungen verbunden sind. Wie eine neue Studie nun zeigt, könnte gerade auf die besonders belastende Chemotherapie deutlich öfter verzichtet werden, wenn der Erfolg einer vorgeschalteten Antikörpertherapie mittels PET/CT-Bildgebung kontrolliert würde.

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An der Lancet-Studie, die unter dem Kürzel PHERGain1 veröffentlicht wurde, nahmen an 45 Kliniken in 7 europäischen Ländern insgesamt 356 Brustkrebspatientinnen teil. Alle Frauen hatten einen neu diagnostizierten, in einem frühen Stadium befindlichen Brustkrebs, der positiv auf den Oberflächenrezeptor HER2 getestet worden war. Bei solchen HER2-positiven Tumoren hängt das Krebswachstum zu einem grossen Teil von der Aktivierung dieses Rezeptors ab. Daher kann eine Therapie mit Antikörpern, die an HER2 binden und es blockieren, das Tumorwachstum in vielen Fällen effektiv unterdrücken. Ausserdem bringen die an die Krebszellen angehefteten Antikörper auch das Immunsystem gegen den Tumor in Stellung, sodass die Krebsherde in einigen Fällen sogar ganz verschwinden.

PHERGain-Studie: sensitiver Nachweis mit PET/CT
An diesem Punkt setzte die PHERGain-Studie an. Die beteiligten Forscher verglichen PET/CT-Aufnahmen von vor Beginn der Antikörpertherapie mit Aufnahmen, die nach den ersten zwei Therapiezyklen – also nach etwa 6 Wochen – angefertigt worden waren. Für die nuklearmedizinische Bildgebung wurde den Patientinnen intravenös 18F-Fluordesoxyglukose verabreicht, ein schwach radioaktiv markiertes Zuckermolekül, das sich in stoffwechselaktivem Gewebe anreichert. «So lassen sich Krebsherde bei der nachfolgenden PET/CT-Diagnostik sehr sensitiv nachweisen und ihr Ansprechen auf die Therapie bestimmen», erläutert Professor Dr. med. Detlef Moka, Vorsitzender des BDN.
  • In der aktuellen Studie wurde bei denjenigen Patientinnen, die gut auf die Antikörpertherapie angesprochen hatten, auch im weiteren Verlauf auf eine Chemotherapie verzichtet. Das war bei 80 Prozent der Teilnehmerinnen der Fall.
  • Die anderen 20 Prozent der Patientinnen, bei denen der Tumor im PET/CT nicht um mindestens 40 Prozent an Zuckerumsatz verloren hatte, wurden fortan zusätzlich auch chemotherapeutisch behandelt.
In beiden Gruppen wurde der Rest-Tumor nach weiteren sechs medikamentösen Therapiezyklen operativ entfernt – ebenso wie bei einer dritten Gruppe, die von Anfang an mit einer Kombination von Antikörpern und Chemotherapie behandelt worden war. Die Operation stellte dann einen weiteren Scheidepunkt dar: Frauen, deren Tumor komplett verschwunden war, wurden weiterhin Chemotherapie-frei behandelt, wohingegen Frauen, bei denen noch Tumorgewebe nachweisbar war, eine ergänzende Chemotherapie erhielten.

Keine Nachteile durch kontrollierten Verzicht auf Chemotherapie
Im weiteren Verlauf zeigte sich, dass der kontrollierte Verzicht auf die Chemotherapie für die Frauen keine Nachteile mit sich brachte: Die 3-Jahres-Überlebensrate der Patientinnen, die von vornherein chemotherapeutisch behandelt wurden, war identisch mit der Überlebensrate derjenigen Patientinnen, bei denen zunächst der PET/CT-Scan abgewartet und dann individuell über eine Chemotherapie entschieden worden war; das erkrankungsfreie Überleben war sowohl in der Gruppe mit PET/CT-gesteuerter Therapiereduktion als auch in der Gruppe mit der bisherigen Standard-Chemotherapie exzellent.

«Die Studie belegt eindrücklich das Potenzial der nuklearmedizinischen Bildgebung für eine präzise und individualisierte Krebsmedizin», sagt Moka. Mithilfe der PET/CT-gestützten Therapiesteuerung habe letztlich rund jeder dritten Patientin eine belastende Chemotherapie erspart werden können – und dies ohne gravierende Einbussen bei der Sicherheit. Wie gross der Vorteil des individualisierten Vorgehens war, liess sich an der Häufigkeit von Nebenwirkungen ablesen, die im Verlauf der Studie registriert wurden. «Belastende Symptome wie Übelkeit, Erschöpfung, Haarausfall, Entzündungen der Mundschleimhaut oder Blutarmut waren in der Chemotherapie-Gruppe deutlich häufiger», so der Nuklearmediziner.

Zu höhergradigen Beschwerden dieser Art kam es dort bei 62 Prozent der Patientinnen, gegenüber nur 33 Prozent in der PET/CT-gestützten Gruppe; unter Nebenwirkungen, die als schwerwiegend eingestuft wurden, litten 28 bzw. 14 Prozent. «Am besten erging es dem Drittel der Patientinnen, die mithilfe der PET/CT-Bildgebung ganz auf eine Chemotherapie verzichten konnten», betont Moka. Hier seien schwerwiegende Nebenwirkungen weitgehend ausgeblieben.

«Diese wichtige Studie weist somit den Weg zu einer schonenderen, auf die Bedürfnisse der jeweiligen Patientin abgestimmten Krebstherapie», resümiert der BDN-Vorsitzende. «Wir gehen davon aus, dass die PET/CT-Diagnostik bei Brustkrebs zügig in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen und damit allen betroffenen Frauen zugänglich gemacht wird», so Moka.PS


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