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imageHM-Professor Prof. Dr. Christian Schwarzbauer erhob, wie wirksam unterschiedliche Lüftungskonzepte in Klassenzimmern sind (Foto: PantherMedia /ArturVerkhovetskiy)

Luftqualität und Ansteckungsrisiken in Klassenzimmern: Lüften, Luftreiniger und Lüftungsanlagen im Vergleich

Durch Lüften, Luftreiniger oder Lüftungsanlagen kann die Aerosol-Konzentration und damit das Infektionsrisiko reduziert werden. Das Forschungsprojekt «Sicheres Klassenzimmer» untersucht mittels Sensoren die tatsächlichen Luftverhältnisse in 233 Klassenzimmern.

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Wie steht es eigentlich mit der Luftqualität in unseren Klassenzimmern? Mit welchen Lüftungskonzepten kann das Infektionsrisiko für SARS-CoV-2 nachhaltig reduziert werden? Um dieser Fragen auf den Grund zu gehen, startete die Hochschule München (HM) im Juli dieses Jahres das Projekt «Sicheres Klassenzimmer». Inzwischen nehmen 233 Klassenzimmer in 52 Schulen im Grossraum München sowie in der Stadt Mainz an dem Projekt teil.

Projektleiter und Initiator des Forschungsprojekts Prof. Dr. Christian Schwarzbauer von der HM erhebt mittels Sensoren die Luftqualität in den Klassenräumen während des gesamten Schuljahrs. Inzwischen liegen erste Zwischenergebnisse vor: «Wir haben dazu die Daten von über 7000 Unterrichtstagen ausgewertet», sagt Schwarzbauer.

CO2-Konzentration: Ein Indikator für die Ansteckungsgefahr mit SARS-CoV-2
Für die Bewertung der Luftqualität wurde unter anderem die CO2-Konzentration untersucht. Die ausgeatmete Luft und das darin enthaltenen CO2 verbreiten sich in einem abgeschlossenen Raum relativ schnell. «Die CO2-Konzentration ist deshalb ein gutes Mass für den Anteil der ausgeatmeten Luft im Klassenzimmer», erklärt Schwarzbauer. Neben CO2 enthält die ausgeatmete Luft jedes Menschen auch Aerosole, die eine wichtige Rolle bei der Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 spielen.

Vor diesem Hintergrund empfiehlt das Umweltbundesamt (UBA) während des Unterrichts alle 20 Minuten mit weit geöffneten Fenstern zu lüften (Stosslüftung). «Unsere Daten zeigen, dass diese Empfehlung in der Praxis kaum umgesetzt wird: Der Anteil der regelmässig alle 20 Minuten gelüfteten Klassenzimmer lag unter 8%», sagt Schwarzbauer. «In den meisten Klassenzimmern wurde in der Regel nur nach jeder Unterrichtsstunde oder lediglich während der Pausen gelüftet.» Entsprechend der Einschätzung des UBA ist ein Raum ausreichend belüftet, wenn die CO2-Konzentration während einer Unterrichtsstunde im Mittel bei 1000 ppm oder kleiner gehalten wird.

Entlüftungskonzepte im Vergleich: Fensterlüftung und Luftreiniger
Bei der klassischen Fensterlüftung wurde der CO2-Grenzwert an 25,3% der Unterrichtstage überschritten. In Klassenzimmern mit CO2-Monitoren wie etwa CO2-Ampeln lag der Wert etwas niedriger bei 22,4%. Der höchste Wert von 34,2% ergab sich nach Schwarzbauer in Klassenzimmern mit mobilen Luftreinigern: «Offenbar wurde in diesen Klassenzimmern im Durchschnitt weniger gut gelüftet. Diese Geräte entfernen zwar schädliche Aerosole aus der Luft, nicht aber das CO2. Wichtig ist deshalb, dass zusätzlich ausreichend gelüftet wird. Dauerhaft erhöhte CO2-Konzentrationen haben einen direkten Einfluss auf das Wohlbefinden und die kognitive Leistungsfähigkeit der Schüler.»

Unbemerkte Ausfallzeiten: Verminderte Wirksamkeit von raumlufttechnischen Anlagen
In Klassenzimmern, die mit raumlufttechnischen Anlagen (RLT-Anlagen) ausgestattet sind, lag der Anteil der Unterrichtstage mit Grenzwertüberschreitung bei 22,8%. «Dieses Ergebnis ist schon erstaunlich», sagt Schwarzbauer, «denn RLT-Anlagen gelten weitläufig als Goldstandard bei der Belüftung von Innenräumen.»

«Anhand der Daten konnten wir sehen, dass viele der untersuchten RLT-Anlagen für den Betrieb in Coronazeiten nicht richtig eingestellt waren. Auch bei der Zuverlässigkeit gab es Probleme», sagt Schwarzbauer. Teilweise wurden mehrtägige Ausfälle mit stark erhöhten CO2-Werten beobachtet, in einem Fall stieg dabei die CO2-Konzentration auf über 4700 ppm. «Vermutlich wird ein Ausfall nicht immer sofort von der Lehrkraft bemerkt, weil diese Anlagen in der Regel sehr leise laufen. Man verlässt sich auf die Anlage, die Fenster bleiben geschlossen. Die CO2-Konzentration und damit auch die Aerosol-Konzentration steigen dann schnell auf hohe Werte und das Infektionsrisiko ist damit stark erhöht», erklärt Schwarzbauer die Folgen.

Dezentrale Lüftungsanlagen und Abluftventilatoren zeigen die beste Wirksamkeit
Deutlich bessere Ergebnisse wurden mit dezentralen Lüftungsanlagen erzielt. Der Anteil der Unterrichtsstunden, bei denen der UBA-Grenzwert überschritten wurde, lag hier bei nur 4,0% Prozent. Ähnlich gut, mit einem Wert von 4,6% schnitten ventilatorgestüzte Fensterlüftungssysteme ab.

Modellierung der Viruskonzentration in einem virtuellen Klassenzimmer
Die Forscher berechneten den theoretischen Verlauf der Virus-Konzentration während einer Unterrichtszeit von 90 Minuten für vier verschiedene Lüftungsszenarien. Für die Berechnung wurde angenommen, dass eine Schülerin oder ein Schüler infektiös ist. Wird das Klassenzimmer, wie vom UBA empfohlen, alle 20 Minuten gelüftet, so ergibt sich eine deutlich niedrigere Virus-Konzentration, als wenn lediglich nach jeder Unterrichtsstunde, also alle 45 Minuten, gelüftet wird. Mit Lüftungsanlagen oder mobilen Luftreinigern kann die Virus-Konzentration dauerhaft auf einem niedrigen Niveau gehalten werden, wenn das 3- bis 6-fache des Raumvolumens pro Stunde gegen Frischluft ausgetauscht bzw. gereinigt wird.

Berechnung des Infektionsrisikos in realen Klassenzimmern
Aus den erhobenen Daten wird das Forscherteam um Schwarzbauer mithilfe eines biophysikalischen Modells auch Aussagen zum tatsächlichen Infektionsrisiko in den teilnehmenden Klassenzimmern ableiten: «Wir gehen davon aus, dass wir die entsprechenden Zwischenergebnisse innerhalb der nächsten 3 bis 4 Wochen vorstellen können.»PS

Über das Forschungsprojekt
Das Forschungsprojekt «Sicheres Klassenzimmer» ist eine Initiative der Hochschule München in Kooperation mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der TU München, der LMU München und des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz.

Quelle: Hochschule München (HM)/Pressemitteilung, 13.12.2021

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