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imageDas fluoreszenzmikroskopische Bild zeigt Epithelzellen (große, unregelmäßige Strukturen) und Pilzsporen (kleine, kugelige Strukturen). Sind die Pilzsporen von dem Protein p11 umgeben, erscheinen sie grün. Die violette Fluoreszenzfarbe markiert hingegen ein Protein in gereiften Phagosomen. Quelle: Leijie Jia/Leibniz-HKI

Pilzsporen kidnappen Lungenzellen

Forscher des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie (Leibniz-HKI) haben herausgefunden, wie Sporen des Pilzes Aspergillus fumigatus die Oberflächenzellen der Lunge davon abhalten können, sie zu töten und damit einen möglichen neuen Angriffspunkt gegen die Infektion gefunden.

Leibniz:HKI11.3.2023
Aspergillus fumigatus ist ein Schimmelpilz, der weltweit in der Umwelt vorkommt. Für Menschen mit einem geschwächten Immunsystem kann er zu einer ernsten Gefahr werden: Laut Schätzungen erkranken jedes Jahr mehr als 300 000 Menschen weltweit an einer Invasiven Aspergillose, also einer Infektion mit einem Schimmelpilz der Gattung Aspergillus. 40 bis 90 Prozent der Patienten versterben daran.

Epithelzellen sind wichtigste Barriere
Forscher am Leibniz-HKI haben nun entdeckt, dass Pilzsporen die Oberflächenzellen der Lunge davon abhalten können, sie zu töten. «Die Epithelzellen unserer Lunge sind die wichtigste Barriere gegen Pilzsporen und andere potentielle Pathogene aus der Luft», erklärt Axel Brakhage, Direktor des Leibniz-HKI und Professor an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Sie halten einen Grossteil der Sporen ab, die wir tagtäglich einatmen.

Anders als Immunzellen sind Lungenepithelzellen zwar nicht auf das Töten von Krankheitserregern spezialisiert, aber trotzdem dazu in der Lage: Die Zellen umschliessen Fremdkörper und bilden damit ein Phagosom, ein von einer Membran umschlossenes Kompartiment innerhalb der Zelle. Anschliessend wird eine Vielzahl von Zellprozessen in Gang gesetzt, bei denen das Phagosom reift und die Eindringlinge schliesslich mit stark reaktiven Substanzen zersetzt werden.

Pilzprotein verhindert Zersetzung im Phagosom
Dass Pilzsporen diesen Mechanismus umdirigieren können, entdeckten die Forscher, als sie sich deren Oberflächenstrukturen genauer ansahen. «Wir wollten wissen, welche der pilzlichen Oberflächenproteine an menschliche Zellen binden und somit an der Infektion beteiligt sein könnten», erklärt Leijei Jia, Erstautor der Studie.

Dabei fanden sie ein menschliches Protein – p11 – das offenbar von einem pilzlichen Protein gebunden wird.
  • «Wenn wir das Pilzprotein ausschalten, das an p11 bindet, finden wir die Pilzsporen in den ‚reifen‘ Phagosomen, das heisst sie werden zersetzt. Wenn wir das menschliche p11 ausschalten, ebenso», sagt Jia.
  • «Wenn das Pilzprotein und p11 jedoch intakt sind, bleiben die Phagosomen ‚unreif‘.» Dann umschliessen die Epithelzellen der Lunge zwar die Pilzsporen, vernichten sie aber nicht.
Das konnten Jia und seine Kollegen am Leibniz-HKI auch unter dem Mikroskop beobachten: In den unreifen Phagosomen keimten die Sporen und bildeten Pilzfäden, sogenannte Hyphen. Manche der Sporen wurden auch wieder aus der Zelle heraus oder in eine Nachbarzelle transportiert, sodass der Pilz sich verbreiten kann.


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Die Grafik zeigt die verschiedenen Möglichkeiten, nachdem Pilzsporen von Lungenzellen in ein Phagosom aufgenommen wurden. Die Pilzsporen werden entweder im Phagolysosom abgebaut (linke Seite) oder sie keimen / werden wieder aus der Zelle entlassen. Quelle: Leijie Jia/Leibniz-HKI

Die Experimente konnten die Forschenden anschliessend auch mit Immunzellen bestätigen. Das heisst, die Pilzsporen können nicht nur Phagosomen in den Lungenzellen umdirigieren, sondern auch in verschiedenen Immunzellen.

Menschliches p11 und Pilzprotein sind mögliche Behandlungsziele
Die klinische Bedeutung ihrer Entdeckung untersuchte das Team aus Jena gemeinsam mit Medizinern aus Portugal, die DNA-Daten von Empfängern und Spendern einer Stammzelltransplantation lieferten. «Nach Transplantationen sind Patienten besonders anfällig für Pilzinfektionen, weil das Immunsystem heruntergefahren wird», erklärt Axel Brakhage. Gut ein Viertel der etwa 500 Empfänger von Stammzelltransplantationen entwickelte in den Monaten nach der Transplantation eine lebensbedrohende Invasive Aspergillose.

Auf dem p11-Gen der transplantierten Stammzellen fanden die Forschenden tatsächlich einen kleinen Unterschied. «Patienten mit einer bestimmten Mutation hatten in der Stichprobe eine geringere Wahrscheinlichkeit, an invasiver Aspergillose zu erkranken. Dieses Ergebnis hilft, die stärker gefährdeten Patienten besonders intensiv zu beobachten», so Jia. Sowohl das Pilzprotein, das an p11 bindet, als auch das menschliche Protein selbst könnten zudem mögliche Angriffspunkte für eine Therapie der Pilzinfektion sein.PS


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