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Wie Pilzinfektionen eine Blutvergiftung auslösen

Eine Blutvergiftung durch eine Pilzinfektion ist eine lebensbedrohliche Gefahr. Forscher der Universität Bern haben nun einen Mechanismus entdeckt, der einem Hefepilz dazu verhilft, sich einfacher innerhalb des Körpers zu verbreiten. Eine Hauptrolle spielt dabei ausgerechnet das Immunsystem.

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Im Normalfall ist der Hefepilz Candida albicans ein harmloser Mitbewohner unserer Schleimhäute. Rund die Hälfte der Bevölkerung ist davon besiedelt, ohne es zu bemerken. Solange das körpereigene Abwehrsystem intakt ist, hält es den Pilz mühelos in Schach. Gefährlich wird es, wenn das Immunsystem geschwächt ist. Dies kann zum Beispiel bei Erkrankungen wie AIDS oder bei der Einnahme von Medikamenten, die die Immunabwehr unterdrücken, der Fall sein.

Bei Personen mit gesundem Immunsystem können unter anderem chirurgische Eingriffe, die die Schleimhautbarriere verletzen, die Ausbreitung von Candida albicans begünstigen. Befindet sich der Hefepilz einmal in der Blutbahn, kann er eine Sepsis verursachen und so zu einer dauerhaften Schädigung der inneren Organe führen: Ein Drittel bis zur Hälfte der Patienten überlebt eine solche Pilzsepsis nicht.

Die natürliche Antwort des Immunsystems auf das Eindringen von Krankheitserregern ist eine Entzündungsreaktion. Dabei sorgt ein ausgeklügeltes Kontrollsystem dafür, dass dabei nur Eindringlinge bekämpft werden, ohne gleichzeitig gesundes Gewebe anzugreifen. Eine Schlüsselrolle kommt dabei dem Interleukin-1-Rezeptor-Antagonisten zu, dem natürlichen Gegenspieler des entzündungsfördernden Signalstoffs Interleukin 1. Er verhindert, dass dieses über das Ziel hinausschiesst und unkontrollierte Entzündungsreaktionen in Gang setzt.

IL-1Ra aus Makrophagen schwächt Immunabwehr
Eine neue Studie unter der Leitung von PD Dr. med. Stefan Freigang vom Institut für Gewebemedizin und Pathologie (IGMP) der Universität Bern deutet nun darauf hin, dass der Interleukin-1-Rezeptor-Antagonist (IL-1Ra) trotz seiner entzündungshemmenden Funktion dazu beiträgt, die Ausbreitung von Candida albicans zu fördern. Dabei scheinen vor allem IL-1Ra, die von Makrophagen gebildet werden, von Bedeutung zu sein. In Mäusen konnten die Forscher zeigen, dass die Menge jener entzündungshemmenden Eiweisse in den Fresszellen zunahm, wenn Candida albicans in die Blutbahn eindrang, und dass sie aber in Folge die Immunabwehr störten.

Sie hemmten nämlich die Produktion und das Ausschwärmen von Neutrophilen. Diese bilden eine wichtige frühe Barriere gegen Infektionen, indem sie regelmässig durch die Blutgefässe patrouillieren, um eingedrungene Krankheitserreger zu beseitigen.
  • Mäuse, die genetisch darauf gezüchtet wurden, dass ihre Makrophagen keine der entzündungshemmenden Eiweisse mehr produzierten, verfügten über ein intaktes Arsenal an Neutrophilen. Dementsprechend konnten sie eine Infektion mit Candida albicans innert kurzer Zeit erfolgreich bekämpfen.
  • In der Kontrollgruppe mit normalen Mäusen hingegen, die das entzündungshemmende Eiweiss produzierten, konnten sich die Pilze wegen der gehemmten Neutrophilen ausbreiten.

Interessanterweise führte der Verlust der entzündungshemmenden Eiweisse nicht zu einem Überschiessen der Entzündungsantwort, wie es zu erwarten gewesen wäre, sondern zu einer Verminderung. «Wir erklären dies damit, dass genügend Neutrophile vorhanden waren, um den Hefepilz zu eliminieren, bevor er eine krankmachende Entzündungsreaktion auslösen konnte», sagt Stefan Freigang.

Wenn also weniger entzündungshemmende Eiweisse produziert werden, können die Neutrophilen als «erste Abwehrlinie» ungestört ihre Arbeit tun. Werden die Eiweisse aber von den Fresszellen gebildet, schwächt dies die Immunabwehr. Solche komplexen und dynamischen Interaktionen des Immunsystems können nur in einem lebenden Organismus abgebildet werden, wozu es in diesem Fall den Tierversuch mit genetisch veränderten und normalen Mäusen als Kontrollgruppe braucht.

Möglicher Therapieansatz
Die Forschungsergebnisse der Berner Forscher könnten in Zukunft neue Therapieansätze ermöglichen. «Eine Pilzsepsis ist nach wie vor schwer zu behandeln und mit einer hohen Sterberate verbunden. Um wirksamere Behandlungsstrategien entwickeln zu können, braucht es ein besseres Verständnis der zugrundeliegenden Krankheitsmechanismen», erklärt Stefan Freigang. In einem nächsten Schritt wollen die Forscher anhand von Proben von Patienten die Beobachtungen aus dem Mausmodell bestätigen und untersuchen, ob das spezifische Eiweiss auch beim Menschen Infektionen mit Candida albicans begünstigt. «Sollte sich dies bestätigen, könnten Wirkstoffe, die gegen das Eiweiss gerichtet sind, als neue Strategie zur Bekämpfung des Hefepilzes und eventuell auch anderer Pilzinfektionen eingesetzt werden», so Freigang.PS


Quelle: Universität Bern/Medienmitteilung, 31.08.2023

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